Bioregionalität – neue Wege zur biologischen und regionalen Wertschöpfung in der Landwirtschaft
Am 09.Dezember veranstaltete die Vereenegung fir Biolandwirtschaft Lëtzebuerg a.s.b.l. das 6. Biosymposium und zwar erstmalig in einer Online-Version. Zum Thema “Bioregionalität – neue Wege zur biologischen und regionalen Wertschöpfung in der Landwirtschaft” waren drei Redner eingeladen. Am Nachmittag wurde das Thema in der Podiumsdiskussion vertieft.
Gerne wird die Regionalität als Hauptargument für nachhaltige Entwicklung in den Vordergrund gestellt, obwohl damit lediglich die Strecke, die ein Produkt auf seinem Weg zum Verbraucher zurücklegt, definiert ist.
Biolandwirtschaft als derzeit nachhaltigstes Bewirtschaftungssystem mit einer prozessorientierten, alljährlichen Kontrolle und Zertifizierung entlang der gesamten Herstellungs- und Wertschöpfungskette, wird in der Folge in den Hintergrund gedrängt. Das obwohl im System der Biolandwirtschaft ein großer Teil der Lösungen für die weltweiten Herausforderungen und Probleme liegt. Insbesondere durch Biolandwirtschaft werden Ökosystemdienstleistungen (Wasser, Boden, Luft, Biodiversität, Tierwohl) erbracht, die derzeit nicht monetär bewertet werden, aber für uns alle von essentieller Bedeutung sind.
Felix Prinz zu Löwenstein, Biobauer und Agrarwissenschaftler, der bis vor kurzem als Vorsitzender des BÖLW (Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft) engagiert war, sagte: “Die Menschen möchten wissen, wo die Lebensmittel herkommen (Regionalität) und auch wie sie hergestellt wurden (z.B. Bio). Es gibt aber leider auch die Bürger-Verbraucher-Lücke, denn der Bürger sagt bisweilen etwas anderes, als er als Verbraucher bei seinem Einkauf tut. Die Prägung durch den globalisierten Handel tut ihr Übriges dazu, so dass hier eine große Kommunikationsaufgabe besteht. Mittlerweile ist jedem klar, dass wir eine Transition in der Landwirtschaft brauchen und die muss wirtschaftlich attraktiv für die Landwirte sein und gleichzeitig die Gesellschaft mit ihren Ansprüchen einbinden. Die Honorierung von Ökosystemdienstleistungen ist politisch im Bereich der Subventionen in der Landwirtschaft umzusetzen.”
Christian Hiß, der Begründer der Regionalwert AG Freiburg, stellte die von ihm entwickelte Leistungsberechnung in der Landwirtschaft vor, die auf Nachhaltigkeitskriterien beruht. “Wie können die sozialen und ökologischen Leistungen der Betriebe transparent und nachvollziehbar gemacht, bewertet und letztlich verlässlich vergütet werden?”
Herr Hiß hat ein System der Leistungsberechnung entwickelt, die präventive Schadensvermeidung kalkuliert. Aus diesem Ansatz heraus, hat er, auf der Basis der Buchführung, Kennzahlen aus den Bereichen Ökologie, Soziales und Regionalökonomie entwickelt und daraus ein Management-Tool für eine betriebsindividuelle Leistungsbewertung gemacht – die Regionalwert Leistungsrechnung.
Nancy Jans von Gringgo, stellte dann das LEADER-Projekt Regionalwert AG Luxemburg vor, welches die Umsetzung der Regionalwert-Idee, nämlich Start-Ups und Projekte aus Landwirtschaft und Handwerk in der Region Luxemburg zu unterstützen, zum Ziel hat.
An der nachmittäglichen Podiumsdiskussion nahmen außerdem Landwirtschaftsminister Romain Schneider - später von Gerber van Vliet abgelöst - und Volker Manz, Geschäftsführer der BIOG-Molkerei, teil. Die Moderatorin, Daniela Noesen, warf die Frage auf, ob ein Leistungsberechnungs-Tool, wie Herr Hiß es vorgestellt hatte, nicht ideal geeignet sei, noch in den für Luxemburg in Ausarbeitung stehenden Strategieplan Landwirtschaft eingearbeitet zu werden? Schließlich soll auf Basis dieses Strategieplanes die zukünftige Marschrichtung der Landwirtschaft bis 2027 festgelegt werden. In den geforderten Eco-Schemes könnte dieses Instrument für alle Betriebe sinnvoll eingesetzt werden. Der Minister erkannte das Potential dieser Methodik an, sieht aber für die Ausrichtung der Luxemburger Agrarpolitik bis 2027 keine Möglichkeit dieses System zu integrieren.
Die Idee der Regionalwert AG wirkt auf zwei Ebenen. Sie kann eine Keimzelle für regionale Projekte werden, in der sich Produzenten und Verbraucher auf Augenhöhe begegnen, um gemeinsam Landwirtschaft und Ernährung zu gestalten.
Die Methode der Regionalwert-Leistungsrechnung hingegen ist ein monetäres Management-Tool, das die politischen Rahmenbedingungen erneuern kann und eine Umverteilung von Subventionsgeldern ermöglicht, damit diese im Sinne des Gemeinwohls wirksam werden und gleichzeitig für Landwirte wirtschaftlich attraktiv sind. Volker Manz bestätigte, dass die Biomilchbauern der BIOG-Molkerei derzeit diese Leistungsberechnung mit Herrn Hiß durchführen. Damit ist der Anfang in Luxemburg gemacht, diese Methode anzuwenden. Es bleibt spannend, welche Ergebnisse im nächsten Jahr vorgelegt werden und ob vielleicht doch noch eine solche Bewertungsmethode in das kommende Agrargesetz einfließen wird.
Die Aufzeichnung des Biosymposiums, sowie die zugehörigen Vorträge, werden demnächst unter www.biovereenegung.lu zu finden sein.