Kaum Arbeit und keine Schule: In einer Studie der Kindernothilfe berichten arbeitende Kinder von ihren Erfahrungen nach einem Jahr Corona-Pandemie. Fazit: Ihre Lage verschlechtert sich, warnt die Kindernothilfe Luxembourg anlässlich des Welttags der Kinderrechte.
Die Corona-Pandemie verstärkt extreme Armut, treibt Kinder in schlecht bezahlte, ausbeuterische Arbeit und erschwert den Zugang zu Bildung deutlich – so das alarmierende Fazit einer von der Kindernothilfe durchgeführten qualitativen Studie unter arbeitenden Kindern. Experten sprechen schon jetzt von einem enormen Rückschlag, der Kinderarbeiter in ihrem Schutz, ihrer Förderung und ihrer Entwicklung um Jahrzehnte zurückwerfen wird.
Bereits 2020 hat die Kindernothilfe mit Partnerorganisationen in sechs Projektländern eine Studie über die Auswirkungen der Coronapandemie auf das Leben arbeitender Kinder und Jugendlichen durchgeführt. Ein Jahr später fand nun eine Folgebefragung statt. Diese zeigt auf, wie es arbeitenden Kindern und ihren Familien in Bolivien, Guatemala, Indonesien, Kenia, den Philippinen und Sambia geht. Die Erkenntnisse sind ernüchternd: Noch immer hat die Pandemie dramatische Auswirkungen auf ihr Leben und ihre Rechte.
„Jetzt gibt es keine Arbeit mehr, weil viele Geschäfte und Fabriken wegen der Pandemie geschlossen wurden“, erzählt etwa ein 13-jähriger Marktverkäufer aus Bolivien über die Lage auf dem Arbeitsmarkt. In vielen Ländern ist es viel schwerer, überhaupt eine Arbeit zu finden, weil während monatelanger Lockdowns viele Unternehmen in Konkurs gegangen sind. Weil es weit weniger Jobalternativen gibt, sind die Kinder und Jugendlichen einem höheren Ausbeutungsrisiko ausgesetzt.
Gleichzeitig fehlt vielen der arbeitenden Jugendlichen die Motivation, in die teilweise wieder geöffneten Schulen zurückzukehren. „Die Kinder sind jetzt so an die Arbeit gewöhnt, dass sie keine Lust mehr haben, weiter zu lernen“, bestätigt eine Mutter aus Indonesien. Oder es fehlt an den Möglichkeiten, um am Distance Learning teilzunehmen: „Ich habe keinen Internetzugang und auch kein Handy, um online zu lernen“, resigniert eine 17-jährige Müllsammlerin aus Indonesien. Und eine 14-jährige Müllsammlerin aus Indonesien schreibt: „Ich kann mich nicht mehr dazu durchringen, die Matheaufgaben zu machen, weil ich den Unterrichtsstoff nicht verstehe und im Distanzunterricht niemanden fragen kann.“
Die Folgen sind für die weiteren Lebenswege der ohnehin in extremer Armut lebenden Kinder und Jugendlichen verheerend: In Guatemala beispielsweise meldete das Gesundheitsministerium für das Jahr 2020 einen geschätzten Anstieg der Schulabbruchrate von 40 bis 60 Prozent. Selbst wenn die Schulen nach Lockdowns wieder öffnen, kommen ein Großteil der Kinder aus ärmsten Verhältnissen nicht wieder zurück.
Auch die medizinische Versorgung hat sich beinahe allerorts verschlechtert: „Wir gehen schon länger nicht mehr ins Gesundheitszentrum – aus Angst, uns anzustecken“, berichtet eine Obstverkäuferin aus Guatemala. Geimpft war zum Zeitpunkt der Studie im Sommer noch keine der befragten Familien. Kinderrechtsorganisationen berichten zudem von steigender Gewalt gegen Kinder in ihren Familien und ihrem Umfeld. Und: nicht nur besteht ein höheres Risiko für sexuellen Missbrauch und Ausbeutung, auch wenden sich Jugendliche, die keine Arbeit finden können, vermehrt dem Drogenhandel und anderen ausbeuterischen Tätigkeiten zu, so die Erkenntnisse der Studie.
Die gesamte Studie kann schriftlich unter info@kindernothilfe.lu angefordert werden.
Informationen zur ONG: www.kindernothilfe.lu