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Cargolux verweigert Übernahme

Drei Tage sollte die Feier anlässlich der Erstauslieferung des neuen Frachtjumbos an die Luxemburger Frachtfluggeselllschaft ab diesem Montag (19.September) in Everett bei Seattle dauern. Doch drei Tage vorher – am späten Freitagabend – hat der US-Hersteller Boeing die Auslieferung abgesagt. Begründung: Vertragsdetails wurden nicht erfüllt, so dass der Kunde Cargolux die Übernahme seiner ersten zwei von insgesamt 13 neuen Maschinen vom Typ Boeing 747-8F verweigert.

An diesem Montag sollte die Cargolux das erste Exemplar des neuen, vergrößerten Boeing Jumbos 747-8F erhalten. Bereits am kommenden Mittwoch sollte die Luxemburger Frachtfluggesellschaft ihr zweites Modell erhalten. „Wegen ungelöster Vertragsangelegenheiten mit unserem Kunden“ werde die Auslieferung nicht erfolgen, erklärte ein Boeing-Sprecher in der Nacht zum Samstag.

In einer Pressemitteilung bestätigte Cargolux am späten Samstagnachmittag, dass die Abnahme der ersten beiden 747-8F verweigert wurde. Grund seien ungelöste vertragliche Angelegenheiten zwischen Boeing und Cargolux im Bezug auf das Frachtflugzeug, hieß es bei der Airline übereinstimmend mit der Stellungnahme des Herstellers.

Die durch die US-Bank JP Morgan abgesicherte Bezahlung des Flugzeugs – in der Regel werden 25 Prozent des Kaufpreises bei Auslieferung fällig – habe man daher erst einmal auf Eis gelegt. Falls die Angelegenheiten nicht kurzfristig geregelt werden könnten, werde sich Cargolux um alternative Frachtkapazitäten bemühen, um der Nachfrage und der Erwartungen der Kunden gerecht zu werden, schreibt das Luxemburger Unternehmen.

Beide Seiten betonen, gemeinsam an den „ungelösten Problemen“ zu arbeiten. Die Zusammenarbeit mit Cargolux sei aber keinesfalls in Frage gestellt, erklärt Boeing.

Leistungsprobleme der neuen Motoren

Über die Details des Vertragsstreits wurden keine Angaben gemacht. In Branchenforen wird darüber spekuliert, ob der neue Frachter mit seinen General Electric-Triebwerken vielleicht nicht die zugesagten Leistungs- und Verbrauchsdaten erreicht. „Die Leistungsprobleme sind längst bekannt und sollten eigentlich von Boeing und General Electrics behoben werden“, so Adam Pilarski, Chef der Airline-Consulting-Firma Aviatas gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Der besonders sparsame und leistungsstarke Antrieb gilt als Markenzeichen der neuen 747-8F. Das Flugzeug wird mit einer Mischung aus Kerosin und Bio-Kraftstoff betrieben und stößt 16 Prozent weniger Kohlendioxid als das Vorgängermodell 747-400 aus. Die Frachtkapazität konnte zudem auf 140 Tonnen erhöht werden. Für Cargolux waren die in Aussicht gestellten Einsparungen ein wesentliches Argument für den Kauf der neuen Flugzeuge.

Spekulationen über Veränderungen im Vorstand

Dass der Eigentümerwechsel oder Veränderungen in der Geschäftsleitung zu einer Absage der Auslieferung geführt haben könnten, wie von Branchenexperten geäußert, ist dem Vernehmen nach Unsinn. Als Qatar Airways zur Jahresmitte mit 35 Prozent ins Kapital der Cargolux einstieg, war die Tinte unter der 2005 vertraglich vereinbarten Lieferung neuer Flugzeuge längst eingetrocknet. Die Veränderungen im Verwaltungsrat sind eine logische Anpassung an die Veränderungen im Aktionariat. Ebenfalls keine Rolle spielt die Ankündigung, dass Finanzchef David Arendt die Airline zum Jahresende verlässt. Er ist maßgeblich an der Finanzierung der neuen Maschinen beteiligt. Arendt wechselt als General Manager zu NLC, die in Luxemburg eine Freeport aufbaut.

Gesamter Auslieferungsplan wird überarbeitet

Erstmals musste Boeing die Auslieferung eines neuen Flugzeugmodells so unmittelbar vor dem Ereignis absagen. Obwohl der neue Jumbo Jet 747-8F im Kern auf dem bisherigen Jumbo beruht, verzögerte sich die Auslieferung gegenüber dem Ursprungsplan um rund zwei Jahre. Cargolux gehörte 2005 zu den Erstbestellern des Frachtfliegers und musste also auch gut zwei Jahre warten. Wegen der stärkeren Nachfrage von Frachtflugzeugfirmen kommt der Frachter mit bislang 78 Bestellungen vor dem neuen Jumbo Jet für Passagiere auf den Markt. Dieses Modell wurde von der Deutschen Lufthansa geordert. Der gesamte Auslieferungsplan werde jetzt überarbeitet, heißt es bei Boeing.

Die Verzögerung bleibt indes auch für andere Boeing-Kunden nicht ohne Folgen: So sollte mit dreijähriger Verspätung in zehn Tagen das Passagierflugzeug 787 Dreamliner an einen Erstkunden ausgeliefert werden. Die Abnahme wurde nun für unbestimmte Zeit verschoben.(Andreas Holpert-Foto: Cargolux)