Ein Rastplatz für Leib und Seele am Waldesrand

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-Von Abbé Henri Hamus (L.W. 1.3.2024)-


Ein Rastplatz für Leib und Seele am Waldesrand


Die Helzer Klaus besteht seit 550 Jahren. Zur Feier des Jubiläums lädt die Pfarrei „Sainte Famille, Wincrange“ Besucher von Nah und Fern ein

HENRI HAMUS

Entlang der Autobahnen gibt es Rastplätze und Tankstellen: Autofahrer wissen diese Plätze zu schätzen und können für kurze Zeit dem Lärm und der Hektik und oftmals Raserei auf der Autobahn entkommen. Es sind Rastplätze für die Seele sowie die Kirchen und Kapellen, die vermehrt als Pilgerorte aufgesucht werden.


Am Waldesrand in Helzingen steht seit über 550 Jahren die Helzer Klaus: sie ist für viele Generationen ein Ort der Rast und der Kraft gewesen, Ziel von unzähligen Pilgern, Pausenort für Wanderer und Touristen. Viele haben den Schnitzaltar aus dem 15. Jahrhundert bewundert, ihr Leben in den Freuden und Schmerzen Mariens wiedergefunden und aus der Quelle „zum seligen Bronn“ getrunken.


Dank des unermüdlichen Einsatzes des damaligen Pfarrers Nicolas Hardt wurde im Jahr 1974 die 500-Jahr-Feier der Klaus zu einem großen und viel beachteten Ereignis. Im Jahr 1474 hatte Papst Sixtus IV. in einer päpstlichen Bulle den Pilgerort zur „Muttergottes am seligen Bronn“ gewürdigt und dessen Verschönerung gewünscht. In der Folge kam der berühmte Schnitzaltar in die am Waldesrand (nahe der Römerstraße von Reims nach Köln) gelegene Kapelle. In ihrer wechselvollen Geschichte erlebte der Ort den Zustrom von Pilgern, das Leben von Einsiedlern, Zeiten von Stille und fast Vergessenheit, große Feierlichkeiten und den ruhigen gewöhnlichen Alltag inmitten des Pfarrlebens.


Bedeutung der Klaus damals…


Die Klaus gehörte zu unserem Alltag; wir wussten damals kaum etwas über ihre Bedeutung, auch kaum etwas vom Wert des Schnitzaltars. Sonntags gingen wir zur Klaus spazieren, ruhten aus im Schatten der alten Bäume, erfrischten uns am kühlen Wasser der Quelle, beteten in der Kapelle und betrachteten die vielen Figuren am Schnitzaltar. Wir feierten die Messe mit, sangen und beteten; beim Rosenkranzgebet zählten wir mitunter die Figuren und besonders die Pferde am Schnitzaltar.


Die Klaus gehörte zum Leben der Menschen: für werdende Mütter und für eine glückliche Geburt wurde in der Klaus gebetet und die Messe zelebriert; und genauso wurde eine Messe bestellt und in der Klaus gebetet für eine gute Sterbestunde. Die Klaus gehörte so zum Anfang und zum Ende des Lebens, sie umklammerte sozusagen das Leben der Menschen.


Eine Legende (hier nach der Erzählung von Henri Schmit, „Pauls Hary“) sagt, dass ein junger Mann, der auf der Suche nach der Frau fürs Leben ist, zur Klaus kommen soll, dort einen Schluck Wasser aus der Quelle in den Mund nehmen und halten, dreimal um die Klaus laufen und dann mit dem Kopf an den Baum vor der Kapelle schlagen soll: dann flüstern ihm die Baumwipfel den Namen seiner Zukünftigen zu! Die Klaus hat ihren Platz mitten im Leben!


… und heute


Seit der großen Feier 1974 sind 50 Jahre vergangen. Die Welt hat sich seitdem verändert. Und das Leben der Menschen. Auch in der Kirche hat es große Umwälzungen gegeben, und es gibt sie noch heute. Die Menschen haben ihr Verhalten geändert. Der Glaube ist zu einem kleinen Teil ihres Lebens geschrumpft. Religion und Gottesdienst kommen für viele hauptsächlich bei besonderen Gelegenheiten und Anlässen vor. Die Kirchenräume warten oft vergebens auf Beter. Die Kirchtürme in den Ortschaften sind stille Fingerzeige nach oben. Ein Mehr an Leben wird immer weniger in Glauben und Kirche gesucht.


Patron der Klaus ist der Apostel Thomas, der gemeinhin der Zweifler genannt wird. Im Johannesevangelium wird von ihm gesagt, er würde an den auferstandenen Christus nur glauben, wenn er die Wunden des Gekreuzigten sehen könne. Thomas ist uns modernen Menschen darin sehr nahe: wir möchten sehen und hören, anfassen und berechnen. „Selig, wer nicht sieht und doch glaubt“, sagt Jesus. Der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry hat dem modernen Menschen dieses Jesuswort auf poetische Weise nahegebracht: „On ne voit bien qu’avec le coeur. L’essentiel est invisible aux yeux – Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“


Die Helzer Klaus lädt ein, in der Stille und Ruhe am Waldesrand dem nachzuspüren, was unsichtbar ist. Jede und jeder darf dort seine Fragen stellen, seine Zweifel äußern, seine Glaubensnot sagen, seine Revolte und seine Schreie in die Baumkronen werfen, seine Wünsche und Hoffnungen dem plätschernden Wasser der Quelle mit auf die Reise dem fer᠆nen Meer entgegen geben. Jede und je᠆der kann für Augenblicke die Augen schließen und sich auf das Wesentliche einlassen und Kraft schöpfen für das Kommende.


Programm der 550-Jahr-Feier


Die Pfarrei „Sainte Famille, Wincrange“ will mit der 550-Jahr-Feier der Helzer Klaus Menschen ein Mehr an Leben durch religiöse Feiern schenken. Sie will die Bedeutung des Ortes am Waldesrand für die Menschen neu entdecken lassen. Sie möchte in der Unrast unserer Zeit Gelegenheit bieten, um inne zu halten und Wesentlichem im Leben nachzuspüren. Sie will durch die verschiedenen Feiern das zum Ausdruck bringen, was die Klaus den Menschen in all den Jahrhunderten war: die Klaus gehört zum Leben, zum Anfang, zur Mitte und zum Ende des Lebens!


Die einzelnen Feierlichkeiten, zu denen die Pfarrei einlädt, richten sich an die Menschen in der Nähe und Ferne: Jede und jeder ist willkommen. Sie laden ein, einen Gang zurückzuschalten und zu entschleunigen. In der Hektik unserer Zeit, die dem Wahn eines beständigen Wachstums verfallen zu sein scheint, braucht der Mensch Orte und Zeiten der Ruhe. Immer höher, schneller und weiter ist die Devise der Olympischen Spiele – aber sicher nicht das Lebensmotto des Menschen!


Jubiläen sind Rückblicke. Sie sind vor allem Innehalten, um Kraft zu schöpfen für Kommendes. Unser Wunsch ist, dass die 550-Jahr-Feier der Helzer Klaus in die Zukunft weist: die Klaus am Waldesrand lädt still und leise ein zu Rast und Ruhe, zu einem belebenden Schluck Wasser, zu einem Blick auf die anderen und zu einem Verweilen, um die Mitte des Lebens nicht zu vergessen.


Programm im Jubiläumsjahr


Christi Himmelfahrt Donnerstag, 9. Mai 2024,

Eröffnung der Jubiläumsfeierlichkeiten

10:30 Uhr, Helzer Klaus: „Taufe – Geschenk am Anfang“ (Messfeier und Danksagung für die Taufe, Erneuerung der Taufversprechen)

Pfingstmontag, 20. Mai 2024

10:30 Uhr, Helzer Klaus: „Ehe – das Geschenk der Liebe“ (Messfeier und Danksagung für das Sakrament der Ehe, Segnung der Paare)

Samstag, 15. Juni 2024

20:00 Uhr, Helzer Klaus: Konzert mit dem Ensemble Vocal „Les Enchantées“ (Organiste: Jos Majerus)

Nationalfeiertag, Sonntag 23. Juni 2024

10:30 Uhr, Helzinger Kirche: „Erinnerung – Zeichen der Liebe“ (Messfeier für die Verstorbenen und Gräbersegnung)

Freitag, 5. Juli 2024

20:00 Uhr, Helzinger Kirche: akademische Sitzung, Vortrag von Prof. Alex Langini und abbé Henri Hamus über den marianischen Schnitzaltar (musikalische Umrahmung: Gérard Close, Organist), Umtrunk

Sonntag, 7. Juli 2024 KLAUSERDAG

9:30 Uhr, Sakramentsprozession zur Klaus 10.15 Uhr, vor der Klaus: Pontifikalmamt mit seiner Eminenz Kardinal Jean-Claude Hollerich, Erzbischof von Luxemburg, und Segnung der Quelle „zum seligen Bronn“ (Musikalische Umrahmung: Gesangvereine der Pfarrei und „Wëntger Musek“)

Umtrunk und Konzert mit der Jugendgruppe der „Wëntger Musek“, Mittagessen im Zelt bei der Klaus, Führungen durch die Klaus

Sonntag, 11. August 2024

17:00 Uhr, Helzer Klaus: Gesangsconcert: Laura Schmit und Charel Diederich (Piano: David Jans)

Donnerstag, 15. August 2024

10:30 Uhr, Helzer Klaus: Messe zum Fest Mariä Himmelfahrt

Sonntag, 15. Dezember 2024 Helzinger Kirche

Konzert mit dem „Éislecker Gospelchouer“

Von Mai bis Oktober wird jeden Sonntag um 16:00 Uhr der Rosenkranz in der Klaus gebetet für die Anliegen der Pilger.