Neckischer Buntspecht möchte nicht abgelichtet werden
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Sonntag, 14. Januar 2018:Tatsächlich, die Meteorologen haben sich nicht geirrt. Pünktlich fürs Wochenende scheint die als gefühlte Ewigkeit vermisste Sonne bereits ab halb zehn. Ein wohliges Gefühl macht sich breit. Wie gewohnt, verfolge ich mit meiner Frau im ZDF die Übertragung des Gottesdienstes, heute ein katholischer Gottesdienst aus einer kleinen, schlichten Kapelle bei Wien. Der noch verhältnismäßig junge Pfarrer strahlt, auch weit weg im Burgenland vom Wetterhoch angesteckt, sichtlich Freude nach draußen aus. In den Mittelpunkt stellt er gleich zu Beginn die Frage der Jünger aus dem Evangelium: „Meister, wo wohnst du?“ Kurz kommt voller Begeisterung aus dem Mund des Geistlichen die Antwort: „Ich wohne hier, in unserer Kapelle, in jedem Mitglied aus unserer Gemeinschaft, ob alt oder jung, Mann oder Frau, verheiratet oder ledig, gesund oder krank, berufstätig, arbeitslos oder in Rente, hier anwesend oder am Fernsehschirm! Jetzt und morgen und übermorgen! In den gekenterten Schlauchbooten im Mittelmeer, in den zerbombten Ruinen in Syrien oder im Schlamm der kürzlich abgegangenen verheerenden Muren usw.! Ich vergesse niemanden!“ Aus diesen Predigten schöpfe ich Kraft und Zuversicht für die Herausforderungen der kommenden Woche.
Da fällt mein Blick auf den altehrwürdigen Ahornbaum, den ich vor rund 40 Jahren eigenhändig gepflanzt habe . Auf einem der zahlreichen ausladenden Äste hat sich etwas bewegt. Ein Buntspecht hat sich unterhalb von einer Astgabel niedergelassen, um im wärmenden Sonnnenschein seinen Hunger zu stillen. Zum Glück liegt die Kamera griffbereit am Fenster. Vorsichtig öffne ich das Fenster, um den seltenen Gast abzulichten. Doch der flinke Kerl scheint nicht sonderlich an meinem Vorhaben Gefallen zu finden. Flugs ist er an der Rückseite eines Astes verschwunden und lugt sporadisch für den Bruchteil einer Sekunde hervor. Ich drücke so schnell wie meine Reflexfähigkeit bei meinem Alter - quatrième âge - es noch zuläßt, auf den Auslöser. Da wechselt der Kerl die Stellung und dreht mir glatt den Rücken zu. Zugestanden, ein schöner Rücken kann auch entzücken, aber ich möchte ein Profilbild oder eine Frontansicht haben. Von der Predigt habe ich leider nicht alles mitgekriegt. Aber beim Sichten der unzähligen Fotos finde ich zum Trost einige brauchbare Schnappschüsse, die ich den Besuchern von mywort.lu zumuten kann.