Die Schwarze Notmuttergottes in Stadtgrund gilt nicht nur als eine der schönsten Marienstatuen des Großherzogtums, sondern das aus dem 14. Jahrhundert stammende Gnadenbild wird seit über zwei Jahrhunderten insbesondere an den Freitagen der Fastenzeit verehrt.
In der Luxemburger Wallfahrtsgeografie nimmt die Verehrung der Schwarzen Notmuttergottes während der österlichen Bußzeit eine besondere Stellung ein. Auch wenn sich keine überlieferten Legenden um die als „wundertätig“ geltende Statue ranken, so erfreuen sich die aus Nussbaumholz geschnitzte Statue und die damit verbundene Wallfahrt bei den Marienverehrern einer großen Beliebtheit.
Anlässlich des Millenniums der Stadt Luxemburg vor genau 50 Jahren wird eine Briefmarke mit dem Abbild der Schwarzen Madonna in Umlauf gebracht. Symbolträchtig ist, dass anlässlich der Tausendjahrfeier der Hauptstadt im April 1963 das Gnadenbild aus der ehemaligen Franziskanerkirche auf dem „Knuedler“ philatelistisch dekliniert wird. Und so fungiert die Notmuttergottes als Botschafterin Luxemburgs, die auch bei Mariologen und Kunsthistorikern eine besondere Wertschätzung genießt.
„Herr, lehre uns beten“
Am 15. Februar haben sich zahlreiche Pilger zur ersten Kreuzwegandacht der diesjährigen Gnadenzeit in der Sankt Johann-Kirche eingefunden, um jene „Frau aufzusuchen, die die Nöte kennt“, wie es Chanoine Henri Hamus in einem LW-Artikel treffend formuliert.
„Eng Mamm spiert d’Nout vun hire Kanner“, so lauteten denn auch die Begrüßungsworte des Dompfarrers, bevor die Pilger in das 36 Strophen umfassende Wallfahrtslied „Betrachtung des bittern Leidens Christi“ einstimmten. Der diesjährige Wallfahrtsprediger Chanoine Joseph Nero hat seine Predigten unter das Thema „Zu Dir, Herr, erhebe ich meine Seele. Mein Gott, auf Dich vertraue ich“ (Psalm 25, 1. und 2. Vers) gestellt.
In seiner ersten Auslegung der Heiligen Schrift befasste sich der Direktor des religionspädagogischen Instituts am gestrigen Freitag mit dem Gebet. „Herr, lehre uns beten“ (Lk 11,1), so lautet der Wunsch eines Weggefährten von Jesus. Diese Aussage aus dem Mund eines gläubigen Jüngers mag zunächst erstaunen, so Joseph Nero, aber der Apostel wollte von Jesus in Erfahrung bringen, wie dieser zu Gott betet. „De Jesus schenkt sengem Frënd en einfacht Gebiet“. Auffallend sei, dass diese fünf kleinen Sätze in keinen jüdischen Gottesdienst passen und ein reines Bittgebet darstellen, das die Sprache der einfachen Leute aufgreife. „De Jesus schwätzt, datt d’Leit hie verstinn“. Drei Bitten in diesem „Vater unser“ betreffen die menschliche Existenz: das tägliche Brot, die Last der eigenen Schuld und die Versuchung. Aber es sind nicht die menschlichen Nöte, die an erster Stelle im „Vater unser“ stehen, sondern der Name Gottes, der geheiligt werden soll. „Dem Jesus geet et ëm d’Komme vum Herrgott sengem Räich. Dat Komme soll eis Welt veränneren“, fuhr der Prediger fort.
Jesus halte keinen Vortrag über das Beten, sondern schenke seinen Jüngern prägnante Sätze, die wie ein Mantel Wärme und Schutz bieten, so Joseph Nero, der abschließend betonte, dass dieses uns vertraute Gebet ein Zutritt zu dem Herzen Jesu gewähre.
In dem anschließenden Kreuzweg, der nach den Betrachtungen des in Dachau ermordeten niederländisch-friesischen Theologen Titus Brandsma gebetet wurde, ist jede Station mit dem von Chanoine Joseph Nero erläuterten „Vater unser“ beendet worden.
Neben dem Wallfahrtsprediger und Dompfarrer Henri Hamus hatten Ehrendechant Fernand Huberty, der in der Fastenzeit 2012 als Prediger in Stadtgrund fungierte, Kaplan Vincent Karengera sowie Diakon Michel Michaely an der Eröffnungsandacht teilgenommen. Mit dem sakramentalen Segen und marianischen Gesängen, die von Marc Quaring an der Orgel begleitet wurden, fand die erste Kreuzwegandacht ihren Abschluss.
Bis zum 22. März finden an jedem Freitag um 14.30 Uhr die Andachten mit Predigt in der Wallfahrtskirche von Stadtgrund statt.
VON MARC JECK / FOTOS: MARC WILWERT)